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Die räumlichen Ziele des ÖREK 2030

2.3

Die folgenden räumlichen Ziele leiten die Handlungen und Aktivitäten in der Raumentwicklung und Raumordnung für Österreich bis 2030. Sie tragen dazu bei, die notwendige Transformation hin zu einer klimaneutralen, nachhaltigen, gerechten und am Gemeinwohl orientierten Raumstruktur zu unterstützten.

Klimaschutz in der Raumentwicklung und Raumordnung verankern – räumliche Strukturen an den Klimawandel anpassen

Bis 2030 wurden ambitionierte Ziele zum Klimaschutz festgelegt. Die Raumentwicklung muss dazu beitragen, die räumlichen Nutzungsformen und die räumliche Struktur so zu gestalten, dass das langfristige Ziel der Klimaneutralität erreicht werden kann. Gleichzeitig geht es darum, die Raumstruktur an die nicht mehr vermeidbaren Veränderungen anzupassen, damit durch präventive Maßnahmen Risiken minimiert und notwendige Schutzmaßnahmen umgesetzt werden können. Dazu müssen der Klimaschutz und die Klimawandelanpassung in den rechtlichen Rahmenbedingungen verankert, in die Entwicklungskonzepte und Pläne aufgenommen und in der Praxis operationalisiert werden. Dafür ist eine institutionen- und sektorübergreifende Zusammenarbeit erforderlich.

Energiewende gestalten – den Ausbau erneuerbarer  Energien und Netze räumlich steuern

Die Klimaziele können nur mit einer Energiewende weg von fossilen Energieträgern hin zu erneuerbaren Energiequellen erreicht werden. Mit der Wende hin zu erneuerbaren Energieträgern wie Biomasse, Solarenergie und Windenergie bekommen die Flächen für Energieproduktion, Energiespeicherung und Energietransporte wieder eine Bedeutung. Die Raumentwicklung und Raumordnung steht vor einer völlig neuen Herausforderung mit vielfältigen Aufgaben: Ermittlung und Auswahl der Flächen und Standorte mit der besten Eignung, Sicherung von Flächen für Produktions- und Speicherstandorte, Vermittlung bei Nutzungskonflikten und Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Flächenansprüchen.

Kompakte Siedlungsstrukturen mit qualitätsorientierter Nutzungsmischung entwickeln und fördern

Die Reduktion der Flächeninanspruchnahme durch kompakte und qualitätsvolle Siedlungsstrukturen spielt bei der Vermeidung der Klimakrise eine zentrale Rolle und ist daher ein Gebot der Stunde.

Bis 2050 wird sich nach den aktuellen Prognosen die Zahl der Einwohner:innen in Österreich um ca. 9 %, die der Haushalte um ca. 15 % erhöhen. Der Bedarf für Siedlungs- und Verkehrsflächen wird weiter wachsen. Der Raumordnung kommt ein hohes Maß an Verantwortung zu: Kompakte Siedlungsstrukturen und eine qualitätsvolle Innenverdichtung haben höchste Priorität auch angesichts der notwendigen Energiewende hin zu erneuerbaren Energieträgern sowie des Schutzes der landwirtschaftlichen Produktionsflächen, der übergeordneten Grünflächen, des unversiegelten Bodens und der Waldflächen als CO2-Senkern.

Am Weg zu einer wissens- und dienstleistungsorienierten Wirtschaft mit emissionsarmen Produktionsbetrieben bietet sich die Chance für eine Rückkehr zu einer starken Nutzungsmischung mit einer qualitätsvollen Nachverdichtung. Damit werden Wege wieder kürzer, können Flächen revitalisiert statt neu versiegelt und Orts- und Stadtzentren wiederbelebt werden. Damit wird auch eine stärkere Nutzung der Verkehrsträger des Umweltverbundes (Fuß- und Radverkehr, öffentlicher Verkehr) ermöglicht und der Weg zur klimaneutralen Mobilität geebnet.

Die Lebensqualität und gleichwertige Lebensbedingungen für alle Menschen in allen Regionen bedarfsorientiert verbessern

Im Sinne einer gerechten und nachhaltigen Raumentwicklung geht es darum, gleichwertige Lebensbedingungen in allen Regionen zu sichern. Die räumliche Vielfalt in Österreich ist ein hohes Gut. Daraus erwächst aber ein unterschiedliches Angebot an ortsspezifischer Lebensqualität. Die Bevölkerung soll die Chance haben, ihre Standortentscheidungen nach den jeweiligen subjektiven Interessen treffen zu können. Daher geht es darum, die Räume so auszustatten und zu gestalten, dass die zentralen Grundbedürfnisse durch das Angebot an Infrastrukturen und Dienstleistungen der Daseinsvorsorge in zumutbarer Qualität und Erreichbarkeit abgedeckt sind.

Polyzentrische Strukturen für eine hohe Versorgungsqualität an Gütern und Dienstleistungen stärken

Das bedeutet ein Netz von Zentren (Groß-, Mittel- und Kleinstädte, regionale Zentren) unterschiedlicher Größe und damit die Sicherung einer möglichst wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung mit all jenen Diensten, die auch in Zukunft physisch gebraucht werden. Klein- und Mittelzentren übernehmen dabei wichtige Funktionen als Ankerpunkte in der lokalen und regionalen Versorgung. Überregionale und internationale Zentren leisten das für überregionale und internationale Funktionen sowie für die Versorgung mit Einrichtungen, die an eine hohe Nachfrage und vielfältige Interaktionen gebunden sind (z.B. Universitäten, kulturelle Spitzeneinrichtungen, internationale Organisationen, Universitätskliniken). Einen wesentlichen Beitrag für die Versorgung mit Diensten der Daseinsvorsorge soll in Zukunft die Nutzung digitaler Kommunikationsmöglichkeiten erbringen. Dazu ist eine flächendeckend gute Versorgung mit leistungsfähiger digitaler Infrastruktur und eine Hilfe bei der Aneignung der Nutzungsmöglichkeiten eine Voraussetzung.

Für die Sicherung einer hohen Qualität der Leistungserbringung sowie einer gerechten, effektiven und effizienten Versorgung mit Gütern und Diensten ist eine Kooperation in Funktionsräumen der Daseinsvorsorge anzustreben. Dazu ist eine (stadt-)regionale und interkommunale Handlungsebene, in der Abwägungs- und Aushandlungsprozesse insbesondere für einen interkommunalen Ausgleich stattfinden können, eine wesentliche Voraussetzung. Damit soll eine ineffiziente und ineffektive Standortkonkurrenz vermieden werden.

Leistungsfähige Achsen und Knoten des öffentlichen Verkehrs als Rückgrat für die Siedlungsentwicklung nutzen

Die Entwicklung an leistungsfähigen Achsen und Knoten des öffentlichen Verkehrs bedeutet eine Orientierung an den Bahnhöfen und Haltestellen eines attraktiven öffentlichen Verkehrsnetzes. Die Siedlungsentwicklung soll grundsätzlich an der Erschließung bzw. der Erschließbarkeit mit öffentlichen Verkehrsangeboten orientiert werden. Gleichzeitig soll aber auch die Anbindung an das hochrangige Netz verbessert werden. In bestehenden Siedlungsgebieten außerhalb der Einzugsbereiche öffentlicher Verkehrsangebote soll die Versorgungsqualität durch bedarfsorientierte Verkehre ausgebaut werden, damit die Erreichbarkeitschancen für Menschen ohne eigenes Kraftfahrzeug sichergestellt werden können. Die Orientierung der Siedlungsentwicklung am öffentlichen Verkehrssystem ist ein zentraler Beitrag der Raumentwicklung im Kampf gegen die Klimakrise.

In regionalen und funktionalen Lebensräumen denken, planen und handeln

Die Alltagsräume der Menschen haben sich durch die Mobilitätsmöglichkeiten in den letzten Jahrzehnten stark ausgeweitet. Wohnort, Arbeits- und Bildungsort, Einkaufs- und Freizeitorte liegen oft weit auseinander und alltags- bzw. lebensräumliche Beziehungen decken sich oft nicht mehr mit den Grenzen der Gebietskörperschaften. Die damit verbundenen Herausforderungen können meist nicht mehr ausschließlich innerhalb der administrativen Grenzen gelöst werden.

Mit der Digitalisierung verlieren Stadt-, Gemeinde- aber auch Landesgrenzen nochmals an Bedeutung. Zudem erfordern weitere Entwicklungen eine wirkungsvolle stadtregionale und regionale Zusammenarbeit. Dazu zählen die Bewältigung der Klimakrise, die Dekarbonisierung unserer Wirtschaft und Gesellschaft, eine regionale Kreislaufwirtschaft, die umwelt- und klimaverträgliche Bewältigung der Mobilitätsströme, die Organisation der Daseinsvorsorge, die Bereitstellung von leistbarem Wohnen, die Sicherung von Natur- und Erholungsräumen, aber auch die Aufrechterhaltung und Stärkung des sozialen Zusammenhalts.

Insbesondere zwischen den meist wirtschaftsstarken Städten bzw. regionalen Zentren und deren Umlandgemeinden braucht es eine Kooperation auf Augenhöhe. Regionalentwicklung und Regionalplanung sind dafür wichtige Instrumente.

Die regionale Resilienz stärken

Der Klimawandel (Naturgefahren, Extremwetterereignisse, etc.) und die mit der Globalisierung verbundenen Abhängigkeiten und Wechselwirkungen können zu rasch auftretenden Ereignissen (z.B. Finanz- und Wirtschaftskrisen, Pandemien, etc.) mit gravierenden Auswirkungen auf die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Systeme führen. Regionale Kreisläufe, regionale Versorgungssicherheit und regionale Katastrophenvorsorge leisten einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Resilienz des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Systems.

An den lokalen und regionalen Stärken ansetzen und bestehende Potenziale fördern

Räume und Regionen sind bei aller strukturellen Ähnlichkeit durch eine unverwechselbare Kombination von historischer Entwicklung, Ressourcenausstattung, Traditionen und Mentalitäten gekennzeichnet. Für die Bewältigung von Problemen wie Bevölkerungsrückgang, wirtschaftliche Umbrüche oder gesellschaftliche Veränderungen gibt es keine Patentrezepte. Lösungen müssen ausgehend von den Stärken und Potenzialen gemeinsam mit den regionalen und lokalen Akteur:innen gefunden werden.

Freiräume mit ihren vielfältigen Funktionen schützen und ressourcenschonend entwickeln

Nicht bebaute und unversiegelte Freiräume umfassen ca. 90 % der Fläche Österreichs. Sie übernehmen wichtige Funktionen sowohl in städtischen wie in ländlichen Räumen. Sie sind die zentrale Quelle für die land- und forstwirtschaftliche Produktion, die Gewinnung von mineralischen und biogenen Rohstoffen und eine wertvolle Ressource für den Tourismus. Sie sind Teil des Risiko- und Schutzmanagements bei Naturgefahren und sichern Biodiversität von Fauna und Flora. Mit dem Ausbau erneuerbarer Energien kommen zusätzliche Ansprüche auf die knappen Flächen hinzu. Im städtischen Raum geht es auch um die Zugänglichkeit von Grünräumen sowie die Aufrechterhaltung und Verbesserung der mikroklimatischen Funktionen. Es ist Aufgabe der Raumentwicklung und Raumordnung, zur Sicherung der Vielfalt und Qualität der Frei- und Grünräume, zum Schutz der natürlichen Ressourcen und der Biodiversität in Abstimmung mit der wirtschaftlichen Nutzung beizutragen. Dazu zählt auch das Management von Flächenkonkurrenzen.

Eine lebenswerte Kulturlandschaft und schützenswerte Kulturgüter erhalten und entwickeln

Ziel der Raumentwicklung und Raumordnung ist eine Kulturlandschaft und eine bauliche Umwelt, in der sich die Menschen wohl fühlen und in der sie sich gerne aufhalten. Das Bewusstsein für den Wert ästhetischer Qualität ist aber auch eine Voraussetzung für die Akzeptanz raumordnerischer Maßnahmen. Die österreichische Kulturlandschaft mit ihren Orten und Städten ist ein Schatz, den es zu erhalten, aber auch weiterzuentwickeln gilt. Dazu zählen lebendige Orts- und Stadtkerne mit einem funktionierenden Wirtschaftsleben ebenso wie öffentliche Räume mit einer hohen Aufenthaltsqualität. Die Instrumente der Raumplanung und des Städtebaus können dazu einen wesentlichen Beitrag leisten.