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Daseinsvorsorge für gleichwertige Lebensbedingungen gestalten und leistbares Wohnen sichern

PUNKT 7

Der demografische Wandel hin zu einer urbaneren Gesellschaft führt zu gleichzeitigen Unterauslastungen und Überlastungen von Einrichtungen und Diensten der Daseinsvorsorge. Die älter werdende Gesellschaft und der Wandel der Geschlechterrollen verändern die Bedarfe der Daseinsvorsorge (Kindergärten, Ganztagsschulen, Pflegeeinrichtungen und -dienstleistungen). Das Bevölkerungswachstum in den Städten, im Stadtumland, der Nachfragedruck nach touristischen Nutzungen in den Tourismusregionen stellt leistbares Wohnen in Frage. Die Konzentrationsprozesse von Versorgungseinrichtungen und Diensten der Daseinsvorsorge durch Motorisierung, marktgetriebene Effizienzkalküle und nachfrageorientierte Qualitätsansprüche haben die Verteilung und die Erreichbarkeit von Infrastrukturen und Diensten der Daseinsvorsorge verändert. Digitale Dienste können der Daseinsvorsorge neue Impulse geben. Sie könnten in Zukunft durch die Nutzung digitaler Kommunikationsmöglichkeiten einen wesentlichen Beitrag für die Versorgung mit Diensten der Daseinsvorsorge leisten (E-Government, Telemedizin, Online-Einkauf, etc.). Dazu ist allerdings eine flächendeckend gute Versorgung mit digitaler Infrastruktur und eine Hilfe bei der Aneignung der Nutzungsmöglichkeiten eine wesentliche Voraussetzung. 

Die neu ausgearbeitete Territoriale Agenda 2030 der Europäischen Union „Eine Zukunft für alle Orte“ hebt die Bedeutung des Zugangs zu Infrastrukturen und Dienstleistungen der Daseinsvorsorge als wesentlichen Beitrag zum zentralen Ziel „Ein gerechtes Europa, das allen Menschen Zukunftsperspektiven bietet“ hervor.  Auch die Leipzig Charta der EU betont die Wichtigkeit der Infrastrukturen und Dienstleistungen der Daseinsvorsorge für eine gerechte und produktive Stadt. Vor diesem Hintergrund bleibt die räumliche Organisation der Daseinsvorsorge ein zentrales Thema der Raumentwicklung und Raumordnung. 

Im Sinne einer gerechten und nachhaltigen Raumentwicklung geht es darum, möglichst gleichwertige Lebensbedingungen in allen Regionen zu sichern. Die räumliche Vielfalt in Österreich ist ein hohes Gut. Daraus erwächst aber ein unterschiedliches Angebot an ortsspezifischer Lebensqualität. Die Bevölkerung soll die Chance haben, ihre Standortentscheidungen nach den jeweiligen subjektiven Interessen treffen zu können. Daher geht es darum, die Räume so auszustatten und zu gestalten, dass die zentralen Grundbedürfnisse durch das Angebot an Infrastrukturen und Dienstleistungen der Daseinsvorsorge in zumutbarer Qualität und Erreichbarkeit abgedeckt sind. Damit verbunden ist eine aktive räumliche Gestaltung des demografischen und gesellschaftlichen Wandels, ein Denken, Planen und Handeln in regionalen Lebens- und Funktionsräumen ebenso wie die Sicherung von leistbarem Wohnraum und die Versorgung mit digitaler Infrastruktur.

Folgende Kernmaßnahmen und Arbeitsformate werden zur Umsetzung vorgeschlagen: 

  • Die Einrichtung einer ÖREK-Partnerschaft zum Thema „Zukunftsorientierte Daseinsvorsorge“ prüfen.
  • Gegebenenfalls eine ÖROK-Empfehlung zu (Mindest-)Standards der Daseinsvorsorge ausarbeiten.
  • Anpassungsbedarfe aus gesamtösterreichischer Perspektive aufzeigen (vgl. z.B. Empfehlungen der ÖREK-Partnerschaft „Leistbares Wohnen“, ÖROK-Schriftenreihe Nr. 191 „Beiträge der Raumordnung zur Unterstützung „leistbaren Wohnens“) und auf Verwerfungen hinweisen (vgl. Grundsätze des ÖREK 2030 – „klimaverträgliche und nachhaltige, gerechte, gemeinwohlorientierte Raumentwicklung“ bzw. marktgetriebene Preisentwicklung).

Folgende unterstützende Maßnahmen und Arbeitsformate können zur Umsetzung beitragen:

  • Österreichweite, vergleichbare und belastbare Daten und Grundlageninformationen aufbereiten (z.B. Verbesserung der Datengrundlagen als Ausgangspunkt für ÖROK-Wohnungsbedarfsprognosen, Indikatoren im ÖROK-Atlas).
  • Studie zu „Zentralität und Raumentwicklung in Österreich“ aktualisieren, um „Polyzentralität“ sowie Ergebnisse aus ÖROK-Erreichbarkeitserhebung und Güteklassenmodell für öffentlichen Verkehr ergänzen.
  • Österreichweite Evidenzen und Datengrundlagen zur Daseinsvorsorge aufbereiten und publizieren: u.a. gesetzlichen Grundlagen, Finanzierung und Kompetenzen.
  • Österreichweites Daten-/Berechnungsmodell für Mindeststandards bzw. Grundsätze erarbeiten und publizieren (ÖROK-Atlas), dabei Erreichbarkeiten, Verkehrsbedarfe und THG-Emissionen systematisch berücksichtigen.
  • Regionale/räumliche Verteilungen der altersspezifischen Versorgung  aus gesamtösterreichischer Sicht aufzeigen, Unterschiede sichtbar machen und Empfehlungen für Anpassungen ausarbeiten (vgl. Grundsatz „gerechte Raumentwicklung“).
  • Bei der Bereitstellung gesamtösterreichisch anwendbarer/nutzbarer Daten (z.B. Versorgungsdienstleistungen, Pflege etc.), (digitaler) Dienste unterstützen und im ÖROK-Atlas darstellen.
  • Regionale/räumliche Verteilung der Qualität des Lebensumfeldes von Beschäftigten aufzeigen, Unterschiede sichtbar machen und Empfehlungen für Anpassungen ausarbeiten.
  • Die (stadt-)regionale Handlungsebene stärken und die Weiterentwicklung von Formen der interkommunalen Zusammenarbeit unterstützen.
  • Konferenz/Workshops zum Thema „Gemeinwohlorientierte und gerechte Raumentwicklung“ organisieren.
  • Ausarbeitung einer Studie zum Thema „Präzisierung der Grundsätze gemeinwohlorientierte und gerechte Raumentwicklung“ prüfen.