Zum Hauptinhalt springen

Mit räumlichen Ressourcen sparsam und schonend umgehen

SÄULE 1

Die Sicherung von Ressourcen, und damit verbunden der sparsame Umgang mit Grund und Boden sowie der Schutz unterschiedlicher Freiraumfunktionen, sind seit Jahren bestimmende Themen in der Raumplanung. Die Auswirkungen der Klimakrise wie z.B. die Zunahme von Hitzetagen, Trockenheit und Starkregenereignissen werden zunehmend deutlich spürbarer. Der sparsame und schonende Umgang mit Ressourcen und der Schutz der natürlichen Lebens- und Ernährungsgrundlagen ist deshalb ein Gebot der Stunde.

Strategien und Ziele zum Klimaschutz, zur Eindämmung der Klimakrise und zur Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels werden sowohl auf internationaler (UN, EU) als auch auf nationaler und regionaler Ebene entwickelt und konkretisiert. Die vorausschauende Raumentwicklung und der zielgerichtete und konsequente Einsatz der Instrumente der Raumplanung sollen die Ressourcen sichern, Freiräume bewahren und ein klimaverträgliches Raumverhalten unterstützen und ermöglichen.

Eines der zentralen quantitativen Ziele setzt die Europäische Union. Der Treibhausgasausstoß soll um mindestens 55 % bis 2030 gegenüber dem Stand von 1990 reduziert werden. Der Anteil erneuerbarer Energieträger soll auf mindestens 32 %, die Energieeffizienz um mindestens 32,5 % erhöht werden (BMNT 2019a). Österreich hat sich im Regierungsprogramm 2020–2024 die Erreichung der Klimaneutralität bis spätestens 2040 zum Ziel gesetzt.

Wesentliche Faktoren zur Erreichung der energie- und klimapolitischen Ziele sind die Reduktion des Gesamtenergieverbrauchs, die Steigerung der Energieeffizienz und der Ausbau und die Nutzung erneuerbarer Energieträger.

„Die Klimakrise stellt die größte Herausforderung unserer Zeit dar. Eine klimagerechte Raumordnung nimmt hier eine zentrale Rolle ein und trägt zur Klima- und Energiewende sowie zur Klimawandelanpassung bei. Durch den sparsamen Umgang mit natürlichen Ressourcen bewahren wir nicht nur unsere Lebensgrundlage. Er trägt auch dazu bei, natürliche Systeme zu erhalten und die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse zukünftiger Generationen zu begünstigen.“

Die Young-Experts des ÖREK 2030

Bei der Nutzung erneuerbarer Energieträger nimmt Österreich im internationalen Vergleich eine Spitzenposition ein. Aktuell werden mehr als 73 % des Bruttostromverbrauchs aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen (BMK 2020). Bis zum Jahr 2030 soll der Gesamtstromverbrauch Österreichs zu 100 % (national bilanziell) aus erneuerbaren Energiequellen im Inland gedeckt werden (BMNT 2019a). Berücksichtigt werden muss dabei jedoch, dass durch den Klimawandel die Potenziale zur Nutzung der Wasserkraft reduziert sind.

Um diese Ziele erreichen zu können, sind verschiedene Schritte unerlässlich. Dazu gehört die Forcierung der Energieerzeugung auf Gebäuden sowie auf bereits versiegelten Flächen. Des Weiteren die verstärkte Energieraumplanung mit Fokus auf eine möglichst geringe Flächeninanspruchnahme auf dafür ausgewiesenen Flächen unter Berücksichtigung der Bodenqualität. Dadurch kann auch zu einer Minimierung der Flächenkonkurrenzen zwischen Freiflächen für die Energiegewinnung, Freiflächen für die Lebensmittelproduktion und weiteren klimawirksamen Freiraumfunktionen beigetragen werden.

Der sorgsame Umgang mit der Ressource Boden ist auch ein maßgeblicher Indikator der österreichischen Nachhaltigkeitsstrategie. Bereits im Jahre 2002 wurde in der vom Ministerrat beschlossenen „Österreichischen Strategie zur nachhaltigen Entwicklung“ die Reduktion der „dauerhaft versiegelten Flächen auf maximal ein Zehntel des damaligen Wertens bis 2010“ beschlossen. Im Regierungsprogramm 2020–2024 wird dieser Zielwert wieder aufgegriffen, indem der Flächenverbrauch auf netto 2,5 ha/Tag bis 2030 reduziert werden soll. Damit bezieht sich der Zielwert auf den Überbegriff der Flächeninanspruchnahme als dauerhafter Verlust biologisch produktiven Bodens, welcher je nach Nutzung in unterschiedlichem Ausmaß versiegelt wird. Dazu zählen Verbauung für Bau- und Verkehrszwecke, Freizeitzwecke, Abbauflächen und ähnliche Intensivnutzungen. Dem gegenüber bezieht sich die Versiegelung auf eine Teilmenge der Flächeninanspruchnahme, bei der Boden mit einer wasserundurchlässigen Schicht abgedeckt wird.Im Zeitraum 2017–2019 wurden im Durchschnitt 12 ha Boden/Tag in Österreich in Anspruch genommen und zum Teil in hohem Maße versiegelt (zwischen 32 und 41 %). Ein hoher Versiegelungsgrad steht beispielsweise in Verbindung mit einem geringen Dauersiedlungsraumanteil, einer dynamischen Bevölkerungsentwicklung und hohen Grundstückspreisen. Er ist in Städten, Ballungsräumen und alpinen Tälern absolut gesehen am höchsten, wobei eine niedrigere versiegelte Fläche pro Kopf auf eine effizientere Nutzung von Grund und Boden hinweist. Wie im ÖROK-Atlas (Indikator 61) für das Jahr 2018 dargestellt, liegt der österreichweite Durchschnitt der versiegelten Flächen pro Kopf derzeit bei 209 m². In einzelnen, vor allem peripheren Gemeinden in Niederösterreich und im Burgenland, steigt er aber auf über 500 m² versiegelter Fläche pro Kopf an. Dabei gehen im Zuge der Abdeckung des Bodens mit einer wasserundurchlässigen Schicht (Beton- oder Asphaltdecke) wichtige Funktionen (Speicher-, Filter-, Pufferfunktion, Lebensraumfunktion usw.) des Bodens verloren.

Das führt zu einem vermehrten Hochwasserrisiko sowie zur Bildung von Hitzeinseln in Gebieten mit einem hohen Anteil versiegelter Flächen. Um diese auch für die Steigerung der Klimaresilienz maßgeblichen Freiraumfunktionen erhalten zu können, ist unbedingt auf eine möglichst effiziente Nutzung neuer Siedlungsflächen zu achten.

Die Flächeninanspruchnahme – umgangssprachlich auch als Flächenverbrauch bezeichnet –  beinhaltet neben der damit häufig einhergehenden Versiegelungdie gesamte in Anspruch genommene Fläche. Die jährlich vom Umweltbundesamt durchgeführte Erhebung anhand der Digitalen Katastralmappe zeigt für das Jahr 2019 eine Flächenneuinanspruchnahme von 48 km² (13,1 ha/Tag) auf. Die größten Anteile davon können den Bauflächen (26,1 ha) sowie den Betriebsflächen (14,5 ha) zugeordnet werden (Umweltbundesamt 2019). Die gesamte in Anspruch genommene Fläche beläuft sich in Österreich im Jahr 2019 auf 5.729 km²: Demnach wurden bereits 18 % des Dauersiedlungsraumes für Siedlungs- und Verkehrszwecke in Anspruch genommen. Eine regionale Differenzierung liefert der Indikator „Gewidmetes Bauland je Einwohner:in“ (ÖROK-Atlas Indikator 72). Hier lag der österreichweite Schnitt im Jahr 2020 bei 359,6 m² Bauland/Einwohner:in. Die höchsten Werte mit bis zu 800 m² pro Einwohner:in und mehr finden sich in Bezirken in Kärnten, in der Südoststeiermark sowie wiederum in den peripheren Bezirken Niederösterreichs und dem Burgenland. Im Vergleich dazu liegt der Wert für die Stadt Wien bei 77,7 m²/Kopf. Neben diesen Indikatoren kommt zunehmend auch der Flächeninanspruchnahme für Energiezwecke stärkere Bedeutung zu.

Erste Tendenzen zum Flächensparen zeigen sich jedoch in der Entwicklung des gewidmeten Baulandes je Einwohner:in. In den Bundesländern Steiermark, Tirol, Vorarlberg, Wien und Niederösterreich hat sich trotz Bevölkerungswachstum das gewidmete Bauland um bis zu 2,3 m² je Einwohner:in verringert (ÖROK-Atlas Indikator 72). Die Gewährleistung von verdichteten und emissionssparenden Wohn- und Siedlungsformen ist ein maßgeblicher Beitrag der Raumordnung zur Minimierung der Flächeninanspruchnahme.

Die Ressourcen Boden und Wasser sind sowohl von den Auswirkungen der Klimakrise als auch von zunehmendem Siedlungsdruck unmittelbar betroffen. Deshalb müssen zukünftig die Sicherung wertvoller landwirtschaftlicher Böden zur Erhöhung des Grads der Eigenversorgung mit Nahrungsmitteln und der Schutz der Ressource Wasser noch stärker in den Mittelpunkt gerückt werden. Das hat auch die Covid-19 Pandemie gezeigt.

Der Verkehr zählt zu den größten Energieverbrauchern, allen voran in Österreich. Er beeinflusst maßgeblich die Flächeninanspruchnahme. Der Anteil des Verkehrs am energetischen Endverbrauch liegt in Österreich mit 36,1 % deutlich über dem EU-Schnitt von 30,9 % (BMK 2020). Mobilität wird in Österreich nach wie vor stark vom motorisierten Individualverkehr dominiert. Der Motorisierungsgrad der Bevölkerung nahm zwischen 2008 und 2018 deutlich zu. Er stieg in dieser Zeit von 510 PKW/1.000 Einwohner:innen auf 554/1.000 Einwohner:innen. Regional gibt es dabei erhebliche Unterschiede. In städtischen Regionen mit einem gut ausgebauten öffentlichen Verkehrssystem wie z.B. in Wien ist der Motorisierungsgrad geringer und der Anteil am öffentlichen Verkehr, Rad- und Fußverkehr höher. In vielen ländlichen Regionen ist das Angebot an Alternativen zum PKW hingegen unzureichend ausgebaut. Disperse Siedlungsstrukturen tragen zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen beim motorisierten Individualverkehr bei. Damit wird auch die Flächeninanspruchnahme und Versiegelung beschleunigt. Die Aufgabe der Raumplanung ist es daher weiterhin, die Orientierung der Siedlungsentwicklung am öffentlichen Verkehr zu forcieren und die fortschreitende Zersiedelung einzudämmen. Mit dem Mobilitätsmasterplan 2030 des Bundes sollen maßgebliche Einflussmöglichkeiten zur Steuerung der Raumordnung und Verkehrsentwicklung wechselseitig unterstützt werden. Das soll auch zur Reduktion des C02-Verbrauchs im Verkehrsbereich beitragen.

Die Eindämmung der zunehmenden Risiken durch Naturgefahren sowie weiteren klimawandelinduzierten Gefahren wie z.B. Starkregen, Dürre und Hitze ist ein maßgeblicher Aspekt zur Ressourcensicherung sowie zur Resilienz gegenüber dem Klimawandel. Eine wesentliche Rolle spielen dabei vor allem die Bereitstellung und Implementierung von Daten zu raumplanungsrelevanten Naturgefahren und die Risikoabschätzung sowie Prävention.