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Die Bodenversiegelung und die Flächeninanspruchnahme zeitnah deutlich reduzieren und Raum- und Siedlungsstrukturen ressourcensparend, klimaschonend und resilient entwickeln.

ZIEL 2

Dieses Ziel greift eine der zentralen Kernaufgaben der Raumordnung auf. Ziele zum sparsamen Umgang mit Grund und Boden finden sich seit jeher als Vorgaben in den Raumordnungsgesetzen der Länder. Sie werden durch Gesetze zum Bodenschutz, strategische Programme auf Ebene des Bundes und der Länder gestärkt und gestützt, und durch quantitative Zielzahlen auf Ebene des Bundes konkretisiert. Sowohl die österreichische Nachhaltigkeitsstrategie als auch das Regierungsprogramm 2020 bis 2024 geben als Zielzahl zur Senkung neuer Flächeninanspruchnahme netto 2,5 ha/Tag bzw. 9 km²/Jahr bis 2030 an.
Diese Ziele entsprechen dem EU-Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa, in dem bis 2050 ein Netto-Neuverbrauch von Null vereinbart wurde. Die Herausforderungen zur Klimawandelanpassung sowie zum Klimaschutz verleihen diesen Zielen für die nächsten Jahre hohe Dringlichkeit. Sie bilden das Rückgrat für weitere maßgebliche Handlungsaufträge – insbesondere zum Schutz von Freiräumen und deren umfassenden Funktionen. Maßgeblich ist dabei auch das klare Bekenntnis zur Entwicklung von verdichteten Wohn- und Siedlungsformen sowie zur Nachverdichtung und Innenentwicklung.

Es müssen daher rasch, konsequent und flächendeckend Instrumente und Maßnahmen zur Reduktion der Flächeninanspruchnahme und der Bodenversiegelung gesetzt werden.

„Das ÖREK stellt die Reduktion der Flächeninanspruchnahme und Bodenversiegelung zu reduzieren wieder in den Vordergrund der Raumplanung und Raumordnung. Abgesehen von finanziellen Anreizen, z.B. für Entsiegelung oder Leerstandsaktivierung, sowohl für Kommunen als auch private Grundeigentümer:innen, sollten auch Instrumenten wie Leerstandsabgaben, Fächenzertifikate und Verkehrskontingente geprüft werden.“

Sibylla Zech, Raumplanerin, TU Wien

Die Nachnutzung brachgefallener Siedlungs-, Gewerbe- und Handelsflächen forcieren und Leerstandsmanagement etablieren

Handlungsauftrag 1.2.a:

Die Nachnutzung brachgefallener, bereits bisher genutzter Flächen und die Revitalisierung von Leerständen leistet den direktesten Beitrag zur Minimierung neuer Flächeninanspruchnahme und neuer Bodenversiegelung. Dazu sollen entsprechende Grundlagen nach österreichweit einheitlichen Kriterien aufgebaut und publiziert werden. Nachnutzungen und Reaktivierung von Leerständen unterliegen einer Dynamik, die im Wesentlichen von den Eigentümer:innen bestimmt wird. Chancen und Risiken von bundesweiten Datenbanken sind zu prüfen und die Eckpfeiler eines erfolgreiches Leerstandsmanagements zu konkretisieren.

Mögliche ÖROK-Arbeitsformate und Maßnahmen:

  • Datengrundlagen als Ausgangsbasis für österreichweit einheitliche Auswertungen zum Thema Auflassung von Nutzungen (Flächen und Gebäude) verbessern und österreichweite Evidenzen aufbereiten und veröffentlichen (ÖROK-Atlas).
  • Zweckmäßigkeit eines österreichweiten Leerstandskatasters klären, bundesweite Push- and Pull-Maßnahmen für Eigentümer:innen konzipieren.
  • Brachflächenrecycling fördern (z.B. Novelle ALSAG).
  • Potenziale und Optionen aufzeigen, wie Brachflächen multifunktional auch zur erneuerbaren Energiebereitstellung oder für Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel (Entwässerung, Retention, kühlende Grünräume, Erhalt der Biodiversität etc.) genutzt werden können.

Raumtypen

alle ÖREK-Raumtypen mit raumtypenspezifischer Differenzierung


Relevante Systeme von Akteur:innen

Bund, Länder, Regionen, Städte, Gemeinden, Private/Investor:innen, Bauträger, Entwicklungsgesellschaften, Wirtschaftskammer, Eigentümer:innen


Instrumente

formelle Instrumente der örtlichen Raumordnung, Gebühren und Abgaben, Leerstandskataster und Leerstandsmanagement, Förderungen

Maßnahmen zur Erreichung des nationalen 2,5 ha-Zielwertes auf Länderebene konkretisieren

Handlungsauftrag 1.2.b:

Die nationale Zielvorgabe zur Reduktion der Flächeninanspruchnahme auf netto 2,5 ha/Tag bis 2030 kann nur durch eine abgestimmte Vorgehensweise des Bundes, der Länder, Städte und Gemeinden erreicht werden. Dazu braucht es in einem ersten Schritt ein einheitliches Verständnis und die Definition der Rahmenparameter. Was konkret wird unter Flächeninanspruchnahme verstanden? Welche Flächennutzungen zählen dazu? Welchen Beitrag bzw. welche Zielzahlen auf Ebene der Länder müssen erreicht werden? Welche Zielzahlen und Maßnahmen sind notwendig, um den unterschiedlichen Strukturen in den jeweiligen Raumtypen gerecht werden zu können? Welche Parameter fließen in die Aufteilung bzw. Zuteilung von flächenbezogenen Zielwerten ein? Aufbauend darauf sind flankierende Maßnahmen sowie weitere Konkretisierungen zur Umsetzung zu erarbeiten, bundesweit abzustimmen und von allen Planungsträger:innen umzusetzen.

Aufgrund der Dringlichkeit müssen abgestimmte Maßnahmen eingebettet in ein regionalisiertes Zielsystem mit Meilensteinen zeitnah erfolgen, um das Ziel bis 2030 erreichen zu können.

Mögliche ÖROK-Arbeitsformate und Maßnahmen:

  • Einrichtung einer ÖREK-Partnerschaft zum Thema „2,5 ha“ zur Erarbeitung einer ÖROK Empfehlung für konkrete quantitative Zielzahlen je Bundesland und differenzierte Vorgaben für die unterschiedlichen Raumtypen, verbunden mit qualitativen Zielen (Bodenqualität) zur Senkung der Flächeninanspruchnahme und Flächenversiegelung prüfen.?
  • Flächennutzungen bzw. Veränderungen von Flächennutzungen, die für die Zielüberprüfung bzw. Erreichung des nationalen 2,5 ha-Zielwertes relevant sind (z.B. Definition „Flächeninanspruchnahme“ in Relation zur Bevölkerungszahl) definieren und ein nationales Monitoringsystem in Bezug auf quantitative Zielzahlen entwickeln.
  • Maßnahmen zur Implementierung der Zielzahlen für die Länder in die Rechtsgrundlagen der Raumplanung und des Bodenschutzes erarbeiten.
  • Österreichweite Standards und Kriterien für qualitätsvolle Verdichtung durch die überörtliche Festlegung von Mindestdichten und Mindestanteilen an flächensparenden Bauformen sowie Empfehlungen zur Entsieglung von Flächen entwickeln.
  • Instrumente zur Verknüpfung der Reduktionsziele zur Flächeninanspruchnahme mit finanziellen Anreizen sowohl für Kommunen als auch private Grundeigentümer:innen prüfen und erarbeiten.

Raumtypen

alle ÖREK-Raumtypen mit raumtypenspezifischer Differenzierung


Relevante Systeme von Akteur:innen

Bund, ÖROK, Länder, Regionen, Gemeindeverbände, Städte, Gemeinden


Instrumente

ÖROK-Empfehlung, Raumordnungsgesetze, Überörtliche und örtliche Raumplanungsinstrumente, Förder- und Anreizsysteme, Monitoringsysteme, ÖROK-Atlas

Siedlungen nach innen entwickeln und verdichten sowie Fehlentwicklungen in Außenbereichen auf Rücknahme prüfen

Handlungsauftrag 1.2.c:

Neben der Nachnutzung von Bestandsbauten stellt die konsequente Entwicklung nach innen und die Nachverdichtung eine weitere maßgebliche Aufgabe der Raumordnung dar. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf den Orts- und Stadtzentren. Aber auch Siedlungstypologien außerhalb der Zentren mit Potenzial zu Nachverdichtung – z.B. Einfamilienhausgebiete – sind zu betrachten. Mit der Deckung des Bedarfes für Wohnen, Handel und Gewerbe in verdichteten Lagen werden Möglichkeiten eröffnet, Fehlentwicklungen in Außenbereichen, die auf vergangenen Planungsprämissen beruhen, zu verändern. Die konkrete Rücknahme bzw. Rückwidmung von baulichen Entwicklungsflächen ist aufgrund der bestehenden Raum- und Verfassungsrechte vergleichsweise schwierig. Sie bedarf einer vertieften und umfassenden Betrachtung sowie begleitender Anreizsysteme und Bewusstseinsbildung.

Mögliche ÖROK-Arbeitsformate und Maßnahmen:

  • Ergebnisse der ÖREK-Partnerschaft „Stärkung der Orts- und Stadtkerne“ in neuer ÖREK Partnerschaft „2,5 ha“ aufgreifen und auf Themen der Nachverdichtung in bestehenden Siedlungsstrukturen (auch außerhalb von Orts- und Stadtkernen) sowie Rückbau von unternutzten Lagen und Möglichkeiten zur Rückwidmung neu ausrichten.
  • Bestehende und gegebenenfalls neue Förderungen auf die erforderlichen Maßnahmen zur Stärkung der Orts- und Stadtkerne ausrichten.
  • Möglichkeiten und Erfordernisse zur Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen für eine künftig verstärkte Rückwidmung von Bauland, das im Widerspruch zu den geltenden Raumordnungszielen und Grundsätzen steht, ausarbeiten. Anforderungen an begleitende Anreiz- und Fördersysteme konkretisieren (z.B. Wohnbauförderung).
  • Studien und Konzepte zur ortsbildverträglichen Nachverdichtung insbesondere von Handels- und Gewerbestandorten erarbeiten (u.a. CO2-freie Erreichbarkeit, Reduktion versiegelter Flächen, mehrgeschossige Nutzungen, Onlinehandel…) sowie die Planungsprinzipien zur Stadt der kurzen Wege umsetzen.

Raumtypen

alle ÖREK-Raumtypen mit raumtypenspezifischer Differenzierung


Relevante Systeme von Akteur:innen

Bund, ÖROK, Länder, Regionen, Städte, Gemeinden, Investorinn:en und Entwicklungsgesellschaften, Planer:innen und Architekt:innen, Rechtsberater:innen


Instrumente

ÖROK-Empfehlung; Raumordnungsgesetze, formelle Instrumente der überörtlichen und örtlichen Raumplanung, Förder- und Anreizsysteme, Bewusstseinsbildung

Baulandreserven mobilisieren und Neuwidmungen durch aktives Baulandmanagement begleiten

Handlungsauftrag 1.2.d:

Die Mobilisierung von bestehendem, unbebautem Bauland – insbesondere in integrierten und mit öffentlichem Verkehr erschlossenen Lagen – zählt zu den vorrangigen Herausforderungen einer nachhaltigen Raumordnung. Die direkten Steuerungsmöglichkeiten hin zu einer Nutzung und Bebauung sind jedoch vergleichsweise gering. Ein gewisser Nutzungsdruck kann durch aktives Baulandmanagement im Zusammenhang mit Neuwidmungen entstehen. Neuwidmungen erfolgen heute bereits oft im Zusammenhang mit privatrechtlichen Verträgen und Vorgaben zur zeitgerechten Nutzung, Widmungen können auch befristet werden. Das schränkt die bisher oft erfolgte Hortung von Bauland ein und bewirkt ein Mindestmaß an Mobilisierung von neu gewidmetem Bauland.
Der künftige Baulandbedarf und die Zielwerte zur Reduktion der Flächeninanspruchnahme bilden Rahmenparameter für die künftige Entwicklung des Baulandes. Aufbauend darauf sind neue Modelle zur Minimierung des Ausmaßes an neu gewidmeten Flächen sowie zum Ausgleich von Widmungs- und Dichtegewinnen zu entwickeln. Privatrechtliche Maßnahmen sowie eine regionale und interkommunale Betrachtung und Abstimmung sind unerlässlich. Eine Reduktion des Flächenangebotes darf aber nicht zu einer weiteren Steigerung der Bodenpreise führen. Der Bedarf nach leistbaren Wohnungen und die Absicherung von moderaten Bodenpreisen müssen bei der Entwicklung und Mobilisierung von Bauland daher entsprechend berücksichtigt und abgesichert werden.

Mögliche ÖROK-Arbeitsformate und Maßnahmen:

  • Ergebnisse der ÖREK-Partnerschaften „Flächensparen, Flächenmanagement und aktive Bodenpolitik" sowie „Leistbares Wohnen“ aufgreifen und eine Fortführung in einer neuen ÖREK-Partnerschaft zum Thema „Baulandmobilisierung und aktive Bodenpolitik" prüfen. Fokus auf die vertiefte Erarbeitung von rechtlichen Grundlagen und Empfehlungen für Möglichkeiten zum Ausgleich von Widmungs- und Dichtegewinnen sowie Absicherung von Qualitätszielen der Raumordnung und leistbarem Wohnen in privatrechtlichen Verträgen legen.
  • Modelle und Grundlagen zur Erstellung und Implementierung regionalisierter Baulandbedarfsberechnungen und zum interkommunalen Handel mit Flächenzertifikaten aufbauend auf den Erfahrungen in anderen Ländern (z.B. Bayern) fachlich prüfen, adaptieren und weiterentwickeln.

Raumtypen

alle ÖREK-Raumtypen mit raumtypenspezifischer Differenzierung


Relevante Systeme von Akteur:innen

Bund, ÖROK, Länder, Regionen, Städte, Gemeinden, Rechtsberater:innen


Instrumente

ÖROK-Empfehlung, Raumordnungsgesetze, formelle Instrumente der überörtlichen und örtlichen Raumplanung sowie ergänzende privatrechtliche Verträge und Vereinbarungen zwischen Grundeigentümer:innen und Gemeinden bzw. Gemeindeverbänden