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Österreich zu einem klimaneutralen und klimaresilienten Wirtschaftsstandort entwickeln

ZIEL 1

Das Ziel der Klimaneutralität in Österreich bis spätestens 2040 erfordert noch ambitioniertere Treibhausgas-Reduktionspfade. Die Dringlichkeit der Umsetzung von konkreten Maßnahmen wird damit deutlich erhöht.

Aktuelle Studien zeigen, dass die gesamtwirtschaftlichen Kosten des Nicht-Handelns im Kampf gegen den Klimawandel bereits heute eine hohe Belastung darstellen. Insgesamt entstehen in Österreich Wertschöpfungsverluste von ca. 15 Milliarden Euro pro Jahr. Wetter- und klimabedingte Schäden kosten im Jahr 2020 zumindest 2 Milliarden Euro. Bis 2030 wird ein Anstieg allein der wetter- und klimabedingten Schäden auf 3–6 Milliarden Euro, bis 2050 auf 6–12 Milliarden Euro prognostiziert (Steininger et al 2020). [H1] 

Der notwendige Umbau zu einem klimaneutralen und klimaresilienten Wirtschaftsstandort im Sinne des europäischen Green Deals soll durch die Instrumente der Raumentwicklung und Raumordnung unterstützt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die gesamtwirtschaftlichen Kosten der Schäden durch den Klimawandel regional sehr unterschiedlich verteilt sind. Gleichzeitig werden Regionen durch europäische und nationale Steuerungsmaßnahmen (z.B. Kostenwahrheit bei den CO2-Emissionen) sehr unterschiedlich betroffen sein.

Es wird darum gehen, die räumlichen Auswirkungen zu erfassen und unerwünschte räumliche Entwicklungen zu vermeiden. Die Entwicklung von kompensatorischen Maßnahmen und Ausgleichsmechanismen unterstützen dabei den Umbau zu einem klimaneutralen Wirtschaftsstandort in einer räumlich gerechten und nachhaltigen Form. Gleichzeitig bietet der Umbau zu einem klimaneutralen Wirtschaftsstandort enorme Chancen für die regionalwirtschaftliche Entwicklung, die durch ein kooperatives Zusammenspiel der regionalen Systeme von Akteur:innen genutzt werden können.

In diesem Zusammenhang geht es auch darum, die EU-Finanzierungsinstrumente zum Post-Covid-Wiederaufbau („Next Generation EU“) für eine Transformation zu einem klimaneutralen und klimaresilienten Wirtschaftsstandort zu nutzen.

Wichtige Festlegungen dazu sind bereits in den ÖROK-Empfehlungen „Flächensparen, Flächenmanagement & aktive Bodenpolitik“ (ÖROK-Empfehlung Nr. 56, ÖROK 2017c) und „Stärkung von Orts- und Stadtkernen in Österreich“ (ÖROK-Fachempfehlung, ÖROK 2019a) enthalten. Die Ergebnisse der ÖREK-Partnerschaften zu Energieraumplanung stellen ebenfalls eine wesentliche Grundlage für die Handlungsaufträgen dar. Bei der Umsetzung sind jedenfalls die länder- und regionsspezifischen Gegebenheiten zu berücksichtigen.

Erneuerbare Energieträger zur regionalen Versorgung ausbauen, betriebliche Abwärme nutzen

Handlungsauftrag 3.1.a:

Damit die Klimaziele bis 2030 erreicht werden können, sind voraussichtlich mindestens 1.000 neue Windkraftanlagen, ca. 55 bis 60 km2 Flächen für Photovoltaikanlagen, 150 Biogasanlagen und 50 Biomassekraftwerke erforderlich. Zusätzlich muss betriebliche Abwärme in regionalen und lokalen Versorgungsnetzen genutzt werden.

Der notwendige Umbau zu einer klimaneutralen Energieproduktion stellt für die ländlichen Räume generell, für die peripheren ländlichen Räume im Besonderen eine enorme Chance für Wertschöpfung und Arbeitsplätze dar. Dazu werden qualifizierte Arbeitskräfte in den Regionen benötigt. Gleichzeitig wird die Bewältigung der Flächenkonkurrenzen und der Nutzungskonflikte, die durch die Transformation zu einer klimaneutralen Energieproduktion entstehen, eine der zentralen Herausforderungen für die künftige räumliche Interessensabwägung werden.

Ein zentraler Schlüssel für die räumliche Gestaltung der Standorte und Versorgungsnetze ist die Energieraumplanung, die zu einem integrierten Bestandteil der überörtlichen und örtlichen Raumplanung werden muss.

Mögliche ÖROK-Arbeitsformate und Maßnahmen:

  • Ergebnisse der ÖREK-Partnerschaften zur Energieraumplanung um konkrete Kriterien für die formellen Instrumente der überörtlichen und örtlichen Raumordnung ergänzen und adaptieren.
  • Die Einrichtung einer ÖREK-Partnerschaft zum Thema „Freiraumentwicklung, Ressourcenschutz und Klimawandel“ prüfen.

Raumtypen

alle ÖREK-Raumtypen mit raumtypenspezifischer Differenzierung


Relevante Systeme von Akteur:innen

Bund, Länder, Regionen, Städte, Gemeinden, Energieproduzent:innen, Unternehmen, Haushalte


Instrumente

Regionalplanung, Energieraumplanung, Verordnungen, Richtlinien, örtliche Entwicklungskonzepte, Förderinstrumente

Die klimaneutrale und umweltfreundliche Erreichbarkeit von Betrieben, Arbeitsplätzen und Konsumstandorten unterstützen

Handlungsauftrag 3.1.b:

Eine klima- und umweltfreundlichere Erreichbarkeit von Produktions- und Konsumstandorten kann durch eine bessere Abstimmung von Standortentwicklung durch die Erschließung mit Bahn, öffentlichem Verkehr und Fahrrad erreicht werden. Das bedeutet einerseits die Neuwidmung von Flächen an die Erschließung mit dem öffentlichen Verkehr und dem Rad auszurichten, andererseits die öffentliche Verkehrs- und Radinfrastruktur an die bestehenden Nachfragepotenziale anzupassen.

Mögliche ÖROK-Arbeitsformate und Maßnahmen:

  • Weiterentwicklung der ÖV-Güteklassen im Rahmen der ÖREK-Partnerschaft „Plattform Raumordnung und Verkehr“ in Richtung Integration von Arbeitsplätzen und Betriebsbauland.
  • Dokumentation der Entwicklung der Erschließungsqualität von öffentlichem Verkehr nach Güteklassen für öffentlichen Verkehr für Arbeitsplätze und Betriebsbauland im Rahmen des ÖROK-Atlas.

Raumtypen

alle ÖREK-Raumtypen mit raumtypenspezifischer Differenzierung


Relevante Systeme von Akteur:innen

Bund, Länder, Städte, Gemeinden, Städtebund, Gemeindebund, Standortagenturen, ÖBB, Verkehrsverbünde, Wirtschaftskammer, Unternehmen, ÖROK


Instrumente

Förderungen, ÖEKs, Flächenwidmungsplanung, Infrastrukturplanung, Angebotsentwicklung von öffentlichem Verkehr, Güteklassen für öffentlichen Verkehr der ÖROK, Vertragsraumordnung, ÖREK-Partnerschaft, ÖROK-Atlas

Regionalwirtschaftliche Wirkungen von Klimawandel sowie Instrumente für den Klimaschutz und die Klimawandelanpassung darstellen, bewerten und beeinflussen

Handlungsauftrag 3.1.c:

Die volkswirtschaftlichen Kosten des Klimawandels, aber auch die notwendigen Klimaschutzmaßnahmen (Herstellung von Kostenwahrheit bei den CO2-Emissionen, Ökologisierung und Erhöhung der Treffsicherheit der Pendlerpauschale, Identifikation und stufenweiser Abbau klimaschädlicher Anreize und Subventionen) werden massive regionalwirtschaftliche Auswirkungen haben.

Es geht darum, diese Auswirkungen raumtypenspezifisch zu erkennen und die regionalwirtschaftlichen Wirkungen von Steuerungsinstrumenten für einen klimaneutralen und klimaresilienten Standort Österreich abzuschätzen. Räumliche Strategien zur Vermeidung unerwünschter Wirkungen und für Kompensations- sowie Ausgleichsmaßnahmen müssen ausgearbeitet werden.

Mögliche ÖROK-Arbeitsformate und Maßnahmen:

  • Ausarbeitung einer Studie oder Prüfung der Einrichtung einer ÖREK-Partnerschaft zum Thema „Gerechte Raumentwicklung im Klimawandel und bei Vermeidungs- und Anpassungsstrategien“: regionalwirtschaftliche Auswirkungen von klimapolitischen Interventionen; Vorschläge für die Gestaltung der klimapolitischen Interventionen im Sinne der Ziele der Raumentwicklung und Raumordnung.

Raumtypen

alle ÖREK-Raumtypen mit raumtypenspezifischer Differenzierung


Relevante Systeme von Akteur:innen

Bund, Länder, Städte, Gemeinden, Städtebund, Gemeindebund, Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer, Landwirtschaftskammer, ÖROK


Instrumente

Studien, ÖREK-Partnerschaft, Regionalentwicklung und Regionalplanung

Das Standortverhalten von Betrieben, Einkaufsstandort- und Immobilienentwicklern sowie Konsument:innen in Richtung Klimaneutralität und Umweltverträglichkeit lenken

Handlungsauftrag 3.1.d:

Standortentscheidungen werden nach einem individuellen Nutzenkalkül getroffen. Interessen des Gemeinwohls fließen nicht ein. Für eine stärkere Berücksichtigung der Interessen des Gemeinwohls braucht es neben gesetzlichen Regelungen auch Anreize. Dazu zählt neben finanziellen Anreizen auch eine Bewusstseinsbildung über die Gesamtkosten individueller Nutzenmaximierung.

Mögliche ÖROK-Arbeitsformate und Maßnahmen:

  • Studie zur Kostenwahrheit, externen Kosten und Klimawirkungen von Betriebsstandorten.
  • Prüfung der Zweckmäßigkeit eines Kodex für nachhaltige Wirtschaftsstandortentwicklung mit einem Leitfaden und einem Zertifizierungsverfahren ausgehend von guten Beispielen (z.B. Klimaaudit und Klimarisikoanalyse) gemeinsam mit Standortagenturen und Betriebsentwicklungsgesellschaften.

Raumtypen

alle ÖREK-Raumtypen mit raumtypenspezifischer Differenzierung


Relevante Systeme von Akteur:innen

Bund, Länder, Regionen, Städte, Gemeinden, Standortagenturen, Wirtschaftskammer, Landwirtschaftskammer, Unternehmen, ÖROK


Instrumente

Steuern, Gebühren, Auflagen, Bewusstseinsbildung durch Offenlegung von externen Kosten/Kostenwahrheit, Beratung von Gemeinden, Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, KEM/KLAR!, Klimaaudit und Klimarisikoanalyse bei Genehmigungsverfahren, Klimacheck

Die europäischen und nationalen Förder- und Finanzierungssysteme für eine klimaneutrale, klimaresiliente und umweltverträgliche Entwicklung von Wirtschaftsräumen und -standorten nutzen

Handlungsauftrag 3.1.e:

Regionalwirtschaftliche und wirtschaftsräumliche Entwicklung wird in hohem Maße durch Förderinstrumente beeinflusst. Die EU hat mit dem Post-Covid-Aufbauinstrument ein Instrument geschaffen, das 750 Milliarden Euro umfasst und das sich mehrerer Finanzierungsinstrumente bedient: der „Recovery and Resilience Facility“, REACT-EU und dem „Just Transition Fund“. Die Forcierung des Übergangs zu einer klimaneutralen und nachhaltigen Wirtschaft ist ein wesentliches Ziel all dieser Instrumente. Die Ausgestaltung der Mittelverwendung erfolgt in erster Linie nationalstaatlich.

Damit diese Chance auch für eine nachhaltige regionalwirtschaftliche Transformation von Wirtschaftsräumen und -standorten genutzt werden kann, müssen die Förderkonzepte und -systeme regionale und räumliche Aspekte auch in Hinblick auf Beschäftigung, Einkommen und Lebensqualität berücksichtigen. Das gilt auch für die Wirtschaftsförderung des Bundes und der Länder.

Mögliche ÖROK-Arbeitsformate und Maßnahmen:

  • Die Einrichtung einer ÖREK-Partnerschaft zum Thema „Steuerung der Raumentwicklung durch regionalwirtschaftliche Förderinstrumente“ prüfen.
  • Instrumente und Mechanismen zur Berücksichtigung des Klimaschutzes und der Klimawandelanpassung in regionalwirtschaftlichen Förderinstrumenten entwickeln.
  • Einen verpflichtenden Klimacheck für regionalwirtschaftliche Förderinstrumente einführen.

Raumtypen

alle ÖREK-Raumtypen mit raumtypenspezifischer Differenzierung


Relevante Systeme von Akteur:innen

Bund, Länder, Regionen, Städte, Gemeinden, Standortagenturen, Wirtschaftskammern, Arbeiterkammer, Landwirtschaftskammer, Unternehmen, ÖROK


Instrumente

EU-Covid-Finanzierungsmechanismen, Wirtschaftsförderungen des Bundes- und der Länder, Klimacheck